Monthly Archives: November 2012

Zwischenbilanz: Leben in North Carolina

Ich bin nun seit genau zwei Monaten in North Carolina. Zeit für eine vorläufige Bilanz:

Leben in Raleigh ist komplett anders als in New York. Das ländliche ist sofort ersichtlich. Ohne Auto geht nichts. Du willst ein paar Bier trinken? Organisier dir ein Taxi! Kurz zm Bäcker? Vergisses. Joggen gehen? Klar, geht. Sofern du 20min entlang einer vierspurigen Straße zum nächsten Wanderpfad/See joggen willst. Sogar vor den zentral gelegenen Mülleimern und den Briefkästen gibt es Haltebuchten. Die Leuten packen ihren Müll ins Auto, fahren 10 Sekunden zu den Containern, steigen aus und wieder ein, fahren weitere 10 Sekunden zum Briefkasten und machen sich dann auf den Weg zur Arbeit.

Dennoch stört mich meistens nicht. Ich fahre gerne und genieße es ein Auto zu haben. Es ist schließlich mein Erstes, wenn auch nur auf Zeit. Zudem ist der Sprit hier sehr günstig, ca. €0.70/Liter. Nur der Rückweg von der Arbeit ist oft frustrierend. Ich muss zwar nur 23 Kilometer zurücklegen, bin aber zur Hauptverkehrszeit unterwegs und muss zudem dreizehn Ampeln passieren (mit den längsten Rotphasen die ich je erlebt habe). So bin ich Abends meist 40 Minuten unterwegs. Allerdings ist anzumerken, dass das Straßennetz sehr gut ausgebaut sind. Fast alle Straßen sind mindestens zweispurig und breit, sodass selbst ich einen Kleinlaster bequem zur Arbeit manövrieren könnte.

Raleigh ist nicht der Nabel der Welt. Das zeigt sich an der Anzahl an Attraktionen, sowie deren Größenordnung. Beispiel: Madonna tritt in einigen Wochen in New York auf, in Raleigh Ende 2014. Natürlich gibt es keinen Central Park, kein Empire State Building und kein (dichtes) öffentliches Verkehrsnetz. Ich vermisse New York, manchmal sehr. Die Stadt ist neben Washington DC DIE Stadt schlechthin. Ich fand meine Zeit da ja schon toll, aber – wie so oft – lernt man etwas erst richtig schätzen wenn es weg ist. Natürlich spielt mein Freundeskreis da auch mit rein. Ich kenne hier außerhalb der Arbeit nur sehr wenige. Allerdings hat mein Büro in den letzten vier Wochen drei neue Mitarbeiter angeworben, die alle in meinem Alter sind. So habe ich regelmäßige Begleitung zum Mittagessen, sowie Gesprächspartner zum Dampf ablassen, lachen und herumblödeln.

Was mir hier allerdings sehr gut gefällt ist die Landschaft und das Klima. Gestern war der 13. November und das Thermometer maß 20°C. Wahnsinn. Mitte November ohne Jacke aus dem Haus? Ein Traum. Zudem sind die Herbstfarben wunderschön und klar hervorgehoben. Die Stadt ist natürlich ein Betondschungel, die Vororte sind allerdings wie aus dem Englischbuch und die Landschaften direkt von der Postkarte. Die Winter sind hier angeblich sehr milde und Schnee gibt es nur selten. Ich bin gespannt.

Zusammenfassend kann ich verkünden, dass es mir gut geht und das Leben mir hier viel Neues beigebracht hat. Allerdings kann ich nicht definitiv sagen, dass ich überglücklich bin. Meine absolut atemberaubende Zeit in New Jersey und New York hat da leider sehr hohe Standards gesetzt und ich wünsche mich oft zurück dahin, und auch oft zurück nach Deutschland. Finde ich es gut im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu sein? Absolut! Wenn ich darüber nachdenke wo ich eigentlich bin, wie priviligiert ich bin und welche Maße an Freiheit, Größe und Stolz dieses Land ausstrahlt, kribbelt es förmlich im Magen. Von außen betrachtet mag das Gehabe hier oft lächerlich wirken. Der fast gezwungene Fokus auf das Militär, die Verschwendung und die übertrieben filmreife Berichterstattung. Aber ich liebe die USA und der große Schritt 2010 war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Aber ist North Carolina mein Wunschort? I have yet to be convinced.