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Chionophobie in North Carolina

Chionophobia {noun, f, sg.}

Weather phobia causing an intense aversion to snow.

For those with chionophobia, a forecast involving a snowstorm can bring on cold sweats, panic attacks, and even an unrealistic feeling of doom and dread. People with chionophobia will rarely venture out into the snow for fear of being stranded. Inhabitants of North Carolina are especially susceptible to this condition.

Zugegeben, der letzte Satz stammt von mir. Aber dennoch passt er gut. Denn es ist wirklich so. Die Leute hier haben eine abnormale Aversion gegenüber Schnee. Zum Teil kann ich es ja verstehen. Die Südstaaten sind einfach nicht darauf eingestellt mit Schneemassen umzugeben. Es gibt kaum Streusalz und nur wenige Räumungsfahrzeuge. Und bis Hilfe aus dem Norden kommt können Wochen vergehen. Das führt aber leider dazu, dass bei der kleinsten Vorhersage von leichtem Schneeregen eine Massenpanik ausbricht.

Letzte Woche passierte es das erste Mal. Für Donnerstagnacht wurde leichter Schnee vorausgesagt. Am Abend bekam ich drei (!) Emails von Vorgesetzten mit der Anweisung auf keinsten Fall am nächsten Tag aus dem Haus zu gehen und auf jeden Fall von Zuhause aus zu arbeiten. “Stay at home, put on an extra pair of socks, drink some hot tea and pull out the extra blanket.” Klingt nach schlimmen Wetter? Das Nachttief lag bei -2°C und es schneite etwas. Um 8 Uhr morgens war der Himmel blau, die Sonne strahlte und die Straßen waren komplett frei. Nur auf den Autos war zu erkennen, dass es überhaupt geschneit hatte.

Nicht einmal 5cm Schnee
Am Morgen des 18. Januars 2013: Nicht einmal 5cm Schnee

Trotz dieser sibirischen Verhältnisse traute ich mich waghalsig auf die Straße. Oh dieser selbstlose Mut! Die Fahrt glich einem Überlebenskampf! Außer mir war kaum ein Auto auf der (schneefreien) Straße und ich war noch nie so schnell im Büro. Zudem bekam ich einen Parkplatz direkt vor der Tür.

Da musste ich schon den Kopf schütteln, aber gestern wurde das ganze noch getoppt: Für 13 Uhr wurde Schnee vorausgesagt. Und es sollte schlimmer als letzte Woche werde. GOTT STEH UNS BEI! PANIK! Ich saß um 10 Uhr im Büro und sah in den Nachrichten, dass die Schulen in North Carolina um 10:30 Uhr schließen und alle Schüler frühzeitig nach Hause gebracht werden sollten. Zudem wurden Staatsbetriebe eingestellt. Behörden, Busse, Bahnen, Museen, Nationalparks und Postämter. Damit natürlich auch Shopping Malls, Arztpraxen und sogar der Apple Store der sonst 24/7 geöffnet ist.

Und tatsächlich, gegen 11:30 Uhr sah man einige Schneeflocken in der Luft. Nach und nach verließen meine Arbeitskollegen das Büro. Selbst die ohne Kinder. Von meinem Schreibtisch aus habe ich einen guten Blick auf einen der Hauptausgänge und es war wahrlich ein ununterbrochener Strom an Menschen der sich hinausdrängte. Langsam wurde aus meiner Ignoranz aber auch etwas Sorge. “Es können doch nicht ALLE so verblendet sein. Irgendwas muss dran sein.” Und da sogar all meine Kollegen die Flatter gemacht hatten beschloss ich mich den Massen anzuschließen und den Nachmittag von Zuhause aus zu arbeiten.

Die Straßen waren voll, als ob die Stoßzeit auf 12:30 Uhr verlegt wurde. Das Autothermometer zeigte -4°C an, es war Schneeregen in der Luft und die Straßen waren leicht glatt. Plötzlich wurden alle langsamer und einige fuhren sogar an den Rand und hielten dort. Es ist in den USA zwar nicht üblich zwischen Sommer- und Winterreifen zu wechseln, aber die Autos sind mit Allwetterreifen ausgestattet, wie viele SUVs in Deutschland. Damit kann man schon problemlos bei nasser Fahrbahn fahren, vor allem wenn es sowieso nur langsam voran geht. Dennoch sah ich dutzende Autos am Straßenrand stehen. Teilweise mit laufendem Motor, teilweise herrenlos. Einfach stehengelassen…

Selbstverständlich kam ich sicher nach Hause. Nur wenige Minuten danach hörte der Niederschlag auf und es blieb den Rest des Tages trocken. Ich brauche euch nicht einmal ein Foto anzuhängen, da es aussah wie an jedem schneefreien Wintertag.

Hätte ich das alles nicht selbst erlebt würde ich den Begriff Chionophobie für überflüssig erklären. Aber in bestimmten Teilen dieses Landes hat er durchaus seine Daseinsberechtigung.

Wieder zurück

Kaum zu glauben wie schnell drei Wochen umgehen können. Meine Zeit in Deutschland war schön, auch wenn ich trotz der langen Zeit nicht alle Leute sehen und alle Sachen machen konnte die ich mir vorgenommen hatte. Ich entschuldige mich bei all denjenigen bei denen ich mich nicht gemeldet habe. Ich hoffe wir finden beim nächsten Besuch zusammen.

Obwohl die Zeit zuhause stressreicher war als geplant, war es sogenannter “Eu-Stress” dem man sich freiwillig unterwirft und der einem Freude bringt. Ich hatte Zeit für meine Familie, meine Freunde und auch meine Freundin, die mich für einige Tage besuchen kam. Letzteres führte dazu, dass auch ich neue Gegenden in der Umgebung erkunden konnte. Zum Beispiel Basel in der Schweiz oder Straßburg in Frankreich. Beides Orte die weniger als drei Stunden von mir Zuhause entfernt sind und die ich dennoch in meinem ganzen Leben noch nie besucht hatte. Das war also noch ein Extrabonus!

Da es mit Urlaubstagen in meinem Job nicht gerade üppig bestellt ist, habe ich die letzten 10 Tage meines Aufenthalten gearbeitet. Das ging zwar von Zuhause aus, war aber dennoch anstrengend, da ich mich der amerikanischen Zeitzone anpassen musste und entsprechend bis spät in den Abend noch an Telefonkonferenzen teilgenommen habe. Die Arbeitszeit habe ich auch genutzt, um einige deutsche Arbeitskollegen persönlich kennenzulernen. In meinem Job findet 95% der Kommunikation per Telefon oder Email statt und so freue ich mich immer einer Stimme auch ein Gesicht zuordnen zu können. Dazu war ich in einer Woche in Mainz, Stuttgart und Düsseldorf.

Mein Rückflug am Sonntag verlief problemlos. Alles war pünktlich und der Transatlantik-Flieger war sogar so leer, dass der Platz neben mir frei blieb und ich mich ausbreiten konnte. Zwischen Frankfurt und Raleigh gibt es leider Direktverbindungen und so musste ich in Philadelphia umsteigen. Aber trotz der (mittlerweile gewohnten) fast einstündigen Warteschlange an der Passkontrolle lief alles reibungslos bis zum Ende. Samt Gepäck stand ich nach 14 Stunden in Raleigh an der Gepäckausgabe. Dort erwartete mich eine kleine Überraschung. Zwei meiner Freunde und Arbeitskollegen hatten einen kleinen Empfang organisiert, samt Willkommensposter. Das fand ich wirklich klasse! Schön zu wissen, dass ich auch auf dieser Seite der Welt Freunde habe.

Jeff und Jimmy am Flughafen in Raleigh. Beach Party always!
Jeff und Jimmy am Flughafen in Raleigh. Beach Party always!

Den Jetlag habe ich mittlerweile ausgeschlafen und der Arbeitsalltag stellt sich wieder ein. Der Job verspricht dieses Jahr deutlich anspruchsvoller und arbeitsintensiver zu sein. Beides gute Sachen die ich Mitte letzten Jahres noch vermisst hatte. In meinem ersten halben Jahr habe ich mich gut bewiesen und mir nun mehr Verantwortung “verdient”. Seit einem halben Jahr bin ich nun Angestellter. Schon komisch. Im Praktikum war nach 2-3 Monaten meist die Luft raus. Ich konnte mir schwerlich vorstellen so einen Job tagtäglich ein Leben lang auszuüben. Aber ist man fest angestellt kann man Projekte von Beginn bis Ende durchsehen, Kollegen sind viel eher gewillt Zeit in einen zu investieren und die Zeit vergeht wie im Flug. Ich glaube die nächsten acht Monate bis zum Ende meines Arbeitsvertrags im August werden noch viel schneller umgehen als die bisherigen sechs.