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Hawker Center und Coffee Shops

Wenn es eins gibt was Singapurianer lieben dann ist es Essen. Und davon gibt es genug; in jeglichen Varianten. Die Auswahl ist so diversifiziert wie die Gesellschaft an sich. So findet man Essen aus China, Malaysia, Indonesien, Indien, Thailand und vielen anderen asiatischen Ländern. Es mag für westliche Augen zwar nicht immer appetitlich aussehen und die Konsistenz ist manchmal etwas gewöhnungsbedürftig, doch meist schmeckt es sehr gut. Zudem sind die Preise sehr niedrig. Jedes Gericht bekommt man in der Regel für €1,50 bis €3,00. Das ist möglich weil die Essenskultur hier eine ganz andere ist. In normale Restaurants geht man nur selten, denn die authentischsten Gerichte findet man in sogenannten „Hawker Centers“. Um diese zu verstehen müssen wir kurz die Uhr auf die 1950er und 60er Jahre zurückdrehen.

Etwa um diese Zeit begann das explosionsartige Wachstum in Singapur. Dies wurde hauptsächlich durch die Beendung der japanischen Besetzung (wegen dessen weltweiten Kapitulation mit dem Ende des 2. Weltkrieges) und die Kolonialisierung durch Großbritannien in 1945 getrieben, sowie die Ernennung von Lee Kuan Yew als erster Premierminister. In Sachen Essen war Singapur bis dato bekannt für ihre „Street Hawker“, unlizenzierte und weitgehend unhygienische Essensstände auf Rädern, die man vielleicht auch aus New York oder anderen Weltmetropolen kennt.

Doch mit der Ära von Lee Kuan Yew begann eine komplette Restrukturierung des Landes und der Wandel zu einer Plannation. Change Management auf einer riesigen Skala. Ein knallhartes Justizsystem, sowie Wirtschafts- und Kulturreformen zur Definition neuer Kernkompetenzen. „Wissen“ war und ist bis zum heutigen Tag Singapurs wichtigster Rohstoff. Mit dem Wachstum kam eine verstärkte Urbanisierung, die auf der Insel viele Ballungsräume schaffte und damit jegliche Arten von Gewerbe anzog, unter anderem auch die Street Hawker. Doch diese passten nicht mehr in das neue, saubere und effiziente Bild Singapurs. So wurden sie schlichtweg verboten und auf kontrollierte Gemeindeflächen verbannt, wo sie strengen Hygienevorschriften unterlagen. Diese sind meist überdachte Open-Air-Komplexe mit gemeinschaftlichen Sitzgelegenheiten, die in ihrer Art den amerikanischen „Food Courts“ in Malls sehr ähneln.

Und in diesen Zentren findet man die Hawker und ihr Essen bis heute. Die Hygienestandards haben sich drastisch verbessert (auch wenn es weiterhin nicht so sauber zugeht wie in einem Restaurant) und der Erfolg mancher Läden hat viele andere angezogen. So findet man nun quer über Singapur verteilt dutzende „Hawker Center“ (manchmal auch „Coffee Shops“ genannt) mit einer riesigen Auswahl an sehr lokalen und asiatischen Speisen.

Für Singapurianer sind diese Centers in der Regel die Hauptbezugsquelle für Essen außer Haus. Und auch wer keine Lust auf die Kantine auf der Arbeit hat geht kurzerhand zum nächsten Hawker Center. Dabei spielt es selten eine Rolle ob ein bestimmtes Center „gut“ ist, sondern eher ob es in der Nähe liegt. Die lokalen Gerichte kriegt man überall in passabler Qualität.

Anbei eine kleine Sammlung meiner Essen aus unserer Kantine (die ebenfalls viele lokale Gerichte verkauft) und aus einigen Hawker Centern.

Bilanz nach einem Jahr

Es ist schon ein komisches Gefühl. Ich bin seit mehr als einem Jahr hier und die Hälfte meines Studiums ist schon rum, Zeit fliegt tatsächlich. In diesem Jahr hat sich in meinem Leben vieles verändert, nicht nur akademisch sondern speziell auch persönlich.

Ich fühle mich generell wesentlich erfahrener als vor einem Jahr. Ich habe weniger Probleme meine Meinung zu äußeren, auch wenn sie mal nicht der der Mehrheit entspricht. Ich bin feinfühliger geworden was mein Auftreten angeht. Ich finde mich in ungewohnten Umgebungen besser zurecht. Und ich arbeite besser mit unterschiedlichen Menschen zusammen. Ich bin einfach selbstsicherer und durchsetzungsstärker geworden. Zum Teil kommt das wahrscheinlich von der amerikanischen Direktheit und “Aggressivität” im Berufsleben.

Das hat mich aber auf anspruchsvoller gemacht. In einer Umgebung mit “working professionals” und so-genannten “high potentials” will man eine Scheibe abhaben. Ich weiss, dass diese Leute alle mindestens zwei Jahre – wenn nicht wesentlich mehr – Erfahrung haben, aber ich weiss auch, dass ich zum Großteil mithalten kann. Mal sehen ob das bei der Jobsuche nächstes Jahr nicht enttäuschend wird…

Ein bisschen zugenommen habe ich auch, aber eventuell ist das nur meine Auffassung, denn das hat bisher noch keiner bestätigen können (oder wollen? 🙂 ). Eventuell liegt das an meiner neu entdeckten Sucht nach Süßem. Ich brauche nach fast jeder Mahlzeit einen (wenn auch kleinen) Nachtisch. Besonders toll: Cookies! Und nicht diese steinharten deutschen oder sogenannten “American Cookies”, sondern die großen Weichen…Mmmmh!

Mein Englisch ist wesentlich besser geworden, vorallem in Bezug auf “business speak” und “slang”. Mir fallen Fachbegriffe schneller ein und ich kann mich besser anpassen. Ich werde immer seltener gefragt woher ich komme, was ich als Kompliment nehme. Mir ist mein Akzent aber auch bewusster geworden. Ich kann mittlerweile nicht nur zwischen Deutsch und Englisch umschalten, sondern teilweise auch zwischen American English und British English, in Bezug auf Vokabular und Aussprache. Nützlich!

Wer mich kennt weiß, dass ich im Prinzip null Fernsehen schaue. Tja meine Freunde, auch das hat sich ein wenig geändert. Amerikanisches Fernsehen ist zwar 90% Trash, aber die Serien sind klasse. Nicht umsonst kommen die meisten guten Serien in Deutschland aus den USA. Und im Originalton sind sie noch viel besser als auf ProSieben! So schaue ich vorallem NCIS – Navy Criminal Investigative Service.

Das ist erstmal alles was mir einfällt. Es gibt noch mindestens 20.000 andere Dinge und 95% davon sind mir vermutlich nicht mal bewusst. Also, meine deutschen Freunde die mich diesen Sommer gesehen haben: Wenn euch noch was einfällt, sprecht es aus, ich bin neugierig!

Zusammenfassend muss ich aber sagen: Ich mag diese Veränderungen. Ich hoffe, dass das nächste Jahr ähnlich bewegend sein wird! Danke Amerika, Danke Fulbright, Danke New York, Danke Newark (ja, auch das), Danke Rutgers Business School, Danke Unikollegen, Danke Mandy, Danke an meine neuen Freunde, Danke an meine Familie und an meine “alten” Freunde für eure Unterstützung, und ein kleines Dankeschön auch an mich selbst für den Mut hierher zu kommen. 😉