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“Haze”

Wer die Nachrichten verfolgt hat wird mitbekommen haben, dass Schanghai und Peking (und nun auch Paris) große Probleme mit Luftverschmutzung haben. So sehr, dass sich ein dicker Nebel über die Städte legt, welcher zu Atemproblemen und langfristigen Lungenschäden durch Mikropartikel führen kann. Das Phänomen wird in Asien als “Haze” bezeichnet. Was weniger bekannt ist ist, dass auch Singapur mit Smog zu kämpfen hat. Und ich “durfte” ihn die letzten drei Wochen miterleben. Der Auslöser hier ist allerdings ein ganz anderer.

Die Gründe für den Dunst hier sind nicht Auto- oder Fabrikabgase, sondern Feuer. In Indonesien, vorallem auf der Insel Sumatra, kommt es in langen Trockenphasen vermehrt zu Waldbränden. Und da es trotz erwarteter Regenzeit zwischen Mitte Januar und Mitte März kein einziges Mal geregnet hat kam die “Haze”-Saison dieses Jahr früher als sonst. Ein weiterer Grund ist Brandstiftung. In Indonesien ist es für Bauern gang und gäbe Waldstücke per Feuer zu roden, um Platz für Felder zu machen. Land- und Forstmaschinen sind aus Kostengründen kaum verfügbar und ein kleines Feuer (welches oft außer Kontrolle gerät) ist ein einfacher Weg größere Flächen freizumachen. Was entsteht ist ein riesiges Meer aus Brandherden, das riesige Aschewolken in die Luft speit.

Brandherde am 1. März gemäß Daten der National Oceanic and Atmospheric Administration
Brandherde rund um Singapur am 1. März gemäß Daten der National Oceanic and Atmospheric Administration (Quelle: www.noaa.gov)

Der Wind trägt die Aschewolken dann hunderte von Kilometer in alle Richtungen bevor sie sich dann in ganz anderen Gebieten wieder absenken. Leider liegt Singapur direkt neben der indonesischen Insel Sumatra und je nach Windrichtung haben die Leute hier mit den Folgen zu kämpfen.

Am Anfang ist es mir gar nicht aufgefallen, ich dachte nur, dass es etwas komisch riecht. Und zwar nach Lagerfeuer. An manchen Tagen mehr, an anderen weniger, je nach Windstärke und-richtung. Allerdings war es nach einer Weile ohne Regen nicht mehr lustig. Es war ein leichter Nebel zu sehen und an manchen Tagen brannte es in den Augen und im Rachen, teilweise auch in der eigenen Wohnung. Man kann nicht einfach so vom Lagerfeuer weglaufen, es ist immer da, allgegenwärtig. Man will so wenig Zeit vor der Tür verbringen wie möglich und an Sport treiben ist erst gar nicht zu denken. Auf der Arbeit war es jedoch zum Glück kaum spürbar, da die Luft dort besser gefiltert wird. Ich kann mir nicht vorstellen wie es für die Leute in Schanghai und Peking sein muss, wo der Smog um ein Vielfaches schlimmer ist.

Blick auf den Central Business District (Quelle: therealsingapore.com)
Blick auf den Central Business District (Quelle: www.therealsingapore.com)

Nach ca. einem Monat bahnte sich dann aber die Erlösung an. An mehreren Tagen hörte man in der Ferne Donner grollen und am 16. März war es dann endlich soweit: Der Himmel explodierte und ein wahrer Wolkenbruch verwandelte innerhalb von Minuten die gesamte Insel in ein Schwimmbad. Ich stellte mich zehn Minuten lang auf den Balkon und lauschte dem Rauschen. Selten habe ich mich so über Regen gefreut.

Bali, Indonesien

Kuala Lumpur --> Denpasar, Bali

Ohne Mückenspray in der Kabine ging es dann von Kuala Lumpur International (nicht vom Frankfurt/Hahn-Verschnitt diesmal) auf Richtung Denpasar, der größten Stadt auf Bali. Bali ist eine der bekannteren der 17.508 (!) indonesischen Inseln und einer der populärsten Touristendestinationen, neben der Insel Java (wo auch die Hauptstadt Jakarta liegt). Wir hatten uns Bali ausgesucht, weil es dort angeblich sowohl ein gutes Strandleben als auch viel schöne Landschaft und Kultur gibt.

Obwohl es auf der Karte recht nah aussieht, war der Flug doch drei Stunden lang. Entsprechend kamen wir erst abends relativ spät am Flughafen an. Und dort durften wir uns dann erstmal anstellen, um ein Visum zu beantragen, bzw. für 25 US-Dollar zu kaufen. Weil die indonesische Währung so instabil ist (ein Euro sind ca. 13.500 indonesische Ruppiah) muss die Gebühr in einer der großen Weltwährung (Dollar, Euro, Yen, etc.) entrichtet werden. Dazu muss man sich 30-180 Minuten (je nach Passagieraufkommen) in eine lange Schlange einreihen. Glücklicherweise waren wir in 45 Minuten schon abgefertigt.

Einige Tage zuvor hatten wir über einen Kollegen schon einen Fremdenführer ausfindig machen können, der uns nun für die nächsten drei Tage begleiten würde. Und so wurden wir nach der Gepäckausgabe von Ketut Selamat, in voller balinesischer  Tracht, abgeholt. Ein fröhlicher und sehr entspannter Mensch mit ganz guten Englischkenntnissen. Er fuhr einen Mitsubishi-Kleinbus, mit dem er uns zum Hotel chauffierte. Und schon auf dem Weg zum Hotel wurde klar, dass dieses Land mindestens genauso chaotisch ist wie Malaysia. Ja sogar vielleicht noch mehr. Auf den Straßen sah man gefühlt doppelt so viele Mofas und mehr Personen bzw. Objekte PRO Mofa. Drei oder vier Leute auf einmal? Gar kein Problem! Neue Waschmaschine gekauft und kein Auto parat? Läuft! Und auch hier: Ampeln? Überbewertet. Doch der Verkehr fließt einfach. Kein verrücktes Rumgehupe, starkes Bremsen oder Gefluche. Ganz gemächlich und entspannt fuhr uns Ketut 45 Minuten lang zum Hotel. Währenddessen waren Gerrit und ich kurz vorm Ausrasten.

Im Hotel wurden wir ebenfalls sehr freundlich begrüßt und von einem Mann – ebenfalls in Tracht gekleidet – auf unser Zimmer geführt. In den Gänge waren durchweg in Holz gehalten und rochen nach Räucherstäbchen. Unser Zimmer war schön und geräumig, sogar mit freistehender Badewanne im Bad! Neben der Couch stand ein großer Wasserspender, was sehr praktisch war denn das Leitungswasser sollte man hier nicht unbedingt trinken. Nach einer Zimmerbesichtigung gingen wir nochmal kurz auf die Straße, um einen Snack und etwas zu trinken zu suchen.

Als wir einen Einheimischen (kurz vor Mitternacht) auf der Straße nach dem Weg fragen wollten bekamen wir statt einer Beschreibung eine Prostituierte angeboten… („You want pretty Indonesian woman?“). Trotz dieses SEHR großzügigen Angebots verzichteten wir und gingen weiter, bis wir einen kleinen 7-Eleven ausfindig machen konnten. Dort fanden wir was wir suchten und machten uns müde auf den Rückweg (ohne zwielichtige Angebote) und ins Bett.

Am nächsten Tag wurden wir schon um 9 Uhr von Ketut in seinem Minibus abgeholt. Unsere Route sollte uns einmal quer über die Insel zum Nordufer und dann wieder zurückführen; in Summe über sechs Stunden im Auto.


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Aber tatsächlich ging die Zeit wie im Flug vorbei. Wir hatten keine Eile, alles ging ganz entspannt, wie alles auf Bali. Am Anfang hat mich das total wahnsinnig gemacht wenn man mit Höchstgeschwindigkeit 30kmh auf den Straßen rumgefahren und ewig überall auf alles warten musste. Doch diese innere Ruhe die alle haben ist ansteckend und so fühlte man sich nach und nach immer entspannter. Man vergaß die Zeit und konnte einfach genießen. Davon könnte sich die westliche Welt mal eine gute Scheibe von abschneiden.

Auf unserem Trip sahen wir in nur einem Tag etliche Reisfelder, Kakaoplantagen, Schokoladenpflanzen, Kokosnussbäume, buddhistische und hinduistische Tempel, große Seen, weitläufige Wälder, weißen und schwarzen Strand, und sogar wilde Affen am Straßenrand. Dazu gab es natürlich auch immer interessante Fakten und historische Anekdoten von Ketut. Sowas sieht man als normaler „Strandtourist“ nicht.

So lernten wir wie sehr das indonesische Volk mit der Erde und der Natur verbunden ist. Man sah überall kleine Opfergaben, in Form von Früchten und Blumen, gewickelt in Bananenblätter am Straßenrand oder vor den Häusern. Diese werden mehrmals täglich dargebracht. Mit diesen Opfergaben wollen die Balinesen entweder die mächtigen Dämonen besänftigen oder den Göttern für ihre Großzügigkeit bzw. ihren Schutz danken. So sieht man Opfergaben nicht nur auf der Straße oder an Häusereingängen, sondern auch auf Autos, Häusern und Baustellen. Spannend und sehr ungewohnt. Wir haben etliche Fotos auf unserer Tour gemacht und es fiel mir sehr schwer diese auf nur die hier angehängte Anzahl zu verdichten.

Den zweiten Tag haben wir ganz entspannt am Strand verbracht, wie echte Touries. Nur Schwimmen konnten wir leider nicht, da der Wellengang zu stark war. Aber viel Spaß mit der Brandung am Strand konnte man trotzdem haben.

Nachmittags ging es dann durch den verrückten Verkehr zurück an den Flughafen, von wo aus wir den Rückweg nach Singapur angetreten sind. Insgesamt ein sehr spannender Trip, mit vielen Erfahrungen die sich kaum in Worte fassen lassen. Die Kultur muss man einfach selbst erleben.