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Thanksgiving in New York

Nach zwei Monaten in North Carolina habe ich mich gefreut auch mal wieder zurück nach New York und New Jersey zu fliegen. Thanksgiving (Erntedank) ist in den USA eine große Sache. Teilweise sogar größer als Weihnachten. Donnerstag ist Thanksgiving (ein nationaler Feiertag) und Freitag ist Black Friday (meist ein Brückentag). Mittwoch bis Sonntag ist auf den Straßen und an den Flughäfen die Hölle los. Diese Tage haben typischerweise das stärkste Verkehrsaufkommen des Jahres. Das zeigt sich auch an den Ticketpreisen, und so musste ich fast das doppelte meines üblichen Preises zahlen. Aber die Alternative – Thanksgiving alleine zu verbringen – wäre wie in Deutschland Weihnachten alleine zu verbringen. Also habe ich mich Donnerstag früh in den Flieger gesetzt und bin zu Mandy nach New Jersey geflogen. Das Passagieraufkommen war glücklicherweise nicht so schlimm wie befürchtet und ich kam gut durch.

Donnerstag wurde eingekauft und groß Essen vorbereitet. Es gab Truthahn – wie an Thanksgiving üblich – dazu aber asiatische Spezialitäten wie Sushi, gebratenen Reis, Lo Mein und natürlich Reis. Das Sushi haben Mandy und ich gemeinsam selbst gemacht, der Truthahn wurde von ihrer Mutter zubereitet. Frühabends kamen dann dutzende Gäste. Die meisten kannte ich vom Vorjahr und der Abend wurde ganz lustig. Es wird gemeinsam gegessen, es werden Brett-/Kartenspiele gespielt und – ganz wichtig – American Football im Fernsehen geschaut. Letzteres gilt übrigens für jeden Tag an diesen Wochenende.

Freitag war – wie auch letztes Jahr – mein Horrortag. Einkaufen, einkaufen, einkaufen. Black Friday ist Americas größter Shoppingtag. An diesem einen Tag bieten Einzelhändler tiefe Rabatte und viele setzen 20-40% ihres Jahresumsatzes (!!!) um. Die Durchschnittsausgaben betrugen dieses Jahr $398,62 pro Person (!!). Entsprechend kann man sich die Szenerie in den Geschäften vorstellen. In den meisten Läden muss man mindestens 30 Minuten an der Kasse anstehen, wenn man denn vor Menschenmassen überhaupt in das Geschäft reinkommt. So waren wir also den halben Tag unterwegs und haben uns die Füße plattgelaufen. Mandy hat so einiges gekauft, für mich gab es – ganz unspektakulär – eine Hose und ein Packen Socken. Spannend!

Für Samstag hatte ich eine Treffen in New York arrangiert. So haben Mandy und ich uns erst mit Paul – dem Besitzer der Wohnung in der ich einige Monate diesen Sommer wohnen durfte – zum Mittagessen getroffen und anschließend mit meinen zwei besten Freunden Ömercan und Darryl. Es war ein tolles Gefühl wieder durch die Straßen von New York zu laufen. Kaum zu glauben wie sehr ich diese Stadt vermisse. Sie hat einfach Charakter und eine Ausstrahlung die einen magisch anzieht. Eine wolkenkratzende Skyline, Häuserschluchten, gelbe Taxen, waghalsige U-Bahnen und natürlich den Großteil meiner amerikanischen Freunde. Diese vermisse ich in North Carolina am meisten. So war der Tag für mich eine Wohltat. New York und Freunde, schön!

Sonntag ging es dann (endlich!) etwas entspannter zu. Kino, bei Mandy zuhause ausruhen und dann Abends die (ebenfalls überraschend entspannende) Rückreise.

Amerikaner nennen Thanksgiving oft scherzhaft den “echten” ersten Advent, und dem kann ich nur zustimmen. Die Zeit fliegt. Kaum zu glauben, dass in gut zwei Wochen schon Heiligabend ist. Ich freue mich sehr einige Wochen in Deutschland verbringen zu können. Noch nie war ich so lange am Stück im Ausland. Fast ein ganzes Jahr ohne Besuch daheim. Ich freue mich auf meine Eltern, meine Schwester, die erweiterte Familie am zweiten Weihnachtsfeiertag und auf all meine Freunde drumherum.

Zwischenbilanz: Leben in North Carolina

Ich bin nun seit genau zwei Monaten in North Carolina. Zeit für eine vorläufige Bilanz:

Leben in Raleigh ist komplett anders als in New York. Das ländliche ist sofort ersichtlich. Ohne Auto geht nichts. Du willst ein paar Bier trinken? Organisier dir ein Taxi! Kurz zm Bäcker? Vergisses. Joggen gehen? Klar, geht. Sofern du 20min entlang einer vierspurigen Straße zum nächsten Wanderpfad/See joggen willst. Sogar vor den zentral gelegenen Mülleimern und den Briefkästen gibt es Haltebuchten. Die Leuten packen ihren Müll ins Auto, fahren 10 Sekunden zu den Containern, steigen aus und wieder ein, fahren weitere 10 Sekunden zum Briefkasten und machen sich dann auf den Weg zur Arbeit.

Dennoch stört mich meistens nicht. Ich fahre gerne und genieße es ein Auto zu haben. Es ist schließlich mein Erstes, wenn auch nur auf Zeit. Zudem ist der Sprit hier sehr günstig, ca. €0.70/Liter. Nur der Rückweg von der Arbeit ist oft frustrierend. Ich muss zwar nur 23 Kilometer zurücklegen, bin aber zur Hauptverkehrszeit unterwegs und muss zudem dreizehn Ampeln passieren (mit den längsten Rotphasen die ich je erlebt habe). So bin ich Abends meist 40 Minuten unterwegs. Allerdings ist anzumerken, dass das Straßennetz sehr gut ausgebaut sind. Fast alle Straßen sind mindestens zweispurig und breit, sodass selbst ich einen Kleinlaster bequem zur Arbeit manövrieren könnte.

Raleigh ist nicht der Nabel der Welt. Das zeigt sich an der Anzahl an Attraktionen, sowie deren Größenordnung. Beispiel: Madonna tritt in einigen Wochen in New York auf, in Raleigh Ende 2014. Natürlich gibt es keinen Central Park, kein Empire State Building und kein (dichtes) öffentliches Verkehrsnetz. Ich vermisse New York, manchmal sehr. Die Stadt ist neben Washington DC DIE Stadt schlechthin. Ich fand meine Zeit da ja schon toll, aber – wie so oft – lernt man etwas erst richtig schätzen wenn es weg ist. Natürlich spielt mein Freundeskreis da auch mit rein. Ich kenne hier außerhalb der Arbeit nur sehr wenige. Allerdings hat mein Büro in den letzten vier Wochen drei neue Mitarbeiter angeworben, die alle in meinem Alter sind. So habe ich regelmäßige Begleitung zum Mittagessen, sowie Gesprächspartner zum Dampf ablassen, lachen und herumblödeln.

Was mir hier allerdings sehr gut gefällt ist die Landschaft und das Klima. Gestern war der 13. November und das Thermometer maß 20°C. Wahnsinn. Mitte November ohne Jacke aus dem Haus? Ein Traum. Zudem sind die Herbstfarben wunderschön und klar hervorgehoben. Die Stadt ist natürlich ein Betondschungel, die Vororte sind allerdings wie aus dem Englischbuch und die Landschaften direkt von der Postkarte. Die Winter sind hier angeblich sehr milde und Schnee gibt es nur selten. Ich bin gespannt.

Zusammenfassend kann ich verkünden, dass es mir gut geht und das Leben mir hier viel Neues beigebracht hat. Allerdings kann ich nicht definitiv sagen, dass ich überglücklich bin. Meine absolut atemberaubende Zeit in New Jersey und New York hat da leider sehr hohe Standards gesetzt und ich wünsche mich oft zurück dahin, und auch oft zurück nach Deutschland. Finde ich es gut im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu sein? Absolut! Wenn ich darüber nachdenke wo ich eigentlich bin, wie priviligiert ich bin und welche Maße an Freiheit, Größe und Stolz dieses Land ausstrahlt, kribbelt es förmlich im Magen. Von außen betrachtet mag das Gehabe hier oft lächerlich wirken. Der fast gezwungene Fokus auf das Militär, die Verschwendung und die übertrieben filmreife Berichterstattung. Aber ich liebe die USA und der große Schritt 2010 war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Aber ist North Carolina mein Wunschort? I have yet to be convinced.