Global Classroom Reloaded – Career Orientation Day

Vielleicht erinnert ihr euch noch an das Global Classroom Program, an dem ich 2011 und 2012 in New York teilgenommen hatte. Damals ging ich für jeweils eine Stunde in eine New Yorker High School, um den Kindern mein Heimatland Deutschland vorzustellen. Das hat richtig Spaß gemacht und das Feedback war sehr positiv. Als sich dann vor ein paar Wochen eine ähnliche Gelegenheit auftat zögerte ich nicht lange und sagte zu.

Dieses Mal ist das Programm etwas anders. Es kam nicht von Fulbright, sondern vom Volunteer-Netzwerk meines Arbeitgebers. Gesucht wurden einige Leute, um ihren Beruf und ihre Firma als Teil eines “Career Orientation Day” an zwei lokalen Schulen vorzustellen. Publikum war eine Gruppe 13-14-Jährige Kinder der Rogers-Herr Middle School in Durham und der East Cary Middle School in Raleigh. Insgesamt waren es vier Klassen à 30 Kinder pro Schule, also 240 Schüler. Und das an einem Donnerstag und einem Freitag, zusätzlich zum normalen Arbeitsalltag. Bei der Anmeldung sah mein Terminkalendar für die Zeit noch recht entspannt aus, doch je näher die zwei Tage kamen, umso stressiger wurde die Arbeit, sodass ich meinen Vortrag erst spät am Abend vorher planen konnte.

Dennoch hat es riesigen Spaß gemacht. Es waren Leute aus allen Berufsgruppen vertreten. Feuerwehrmänner, Polizisten, Ärzte, Wissenschaftler, Beamte und BWLer aller Disziplinen (Marketing, Finanzen, Vertrieb, Forschung, etc.). Die Kinder waren aufgeweckt und neugierig. Ich habe viele Fragen bekommen, die teilweise erschreckend anspruchsvoll waren. Hier ein Auszug:

  • Wie viele Stunden arbeitest du in der Woche? Musst du am Wochenende arbeiten? Wie viel Urlaub hast du und mit wie viel Flexbilität kannst du diesen nutzen?
  • Auf einer Skala von 1 bis 10, wie sehr gefällt dir dein Job?
  • Was war dein Lieblingsfach in der Schule? Nutzt es dir in deinem Job? Gibt es andere Fächer die für deinen Job hilfreich sind?
  • Kannst/musst du in deinem Beruf viel reisen?
  • Wie sieht dein typischer Tag aus?

Natürlich gab es in jeder Gruppe einen Klassenclown und einige weniger intelligente Fragen:

  • Spielst du Call of Duty? Spielst du Videospiele? Was ist dein Lieblingsspiel?
  • Entwickelt deine Firma Videospiele? Kannst du während der Arbeit Videospiele spielen?
  • Kann ich dein Autogramm haben?

Besonders letzte Frage fand ich etwas bizarr. Ich hätte schwören können, dass eines der Kinder eine Wette verloren hatte und nun den Redner um ein Autogramm bitten musste. Jedenfalls habe ich geschmunzelt, den Zettel entgegen genommen und etwas Unleserliches draufgekritzelt. Aber insgesamt war ich recht beeindruckt von den Kindern. Sie waren sehr neugierig, aufmerksam und entgegneten mir mit Respekt. Ich weiss nicht ob ich damals schon so erwachsen war.

Und auch ich habe an den Tagen einiges Neues erlebt und gelernt: Zum einen, war ich noch nie zuvor in einer Middle School. Dies ist ein amerikanisches Rezept. Statt Grundschule und dann High School, werden beide um 1,5 Jahre gekürzt und noch eine dritte Schule eingeschoben. Mir ist die Logik dahinter nicht wirklich klar, dass Änderungen im jungen Alter immer stressig sind, vorallem was den Freundeskreis angeht. Ich wäre damals am liebsten an einer Schule länger geblieben. Zum anderen, mir ist wieder einmal klar geworden wie wichtig es ist auf das Publikum und dessen Wissensstand einzugehen. Ich bin durch meinen Job gewohnt eine Powerpoint-Präsentation zu entwickeln und diese dann vorzutragen. Selten muss ich Sachverhalte auf die einfachste aller einfachen Ebenen reduzieren und entsprechende Vergleiche finden mit denen die Kinder etwas anfangen können. Gar nicht so einfach!

Nächsten Monat habe ich mich für ein weiteres Event angemeldet: Diesmal jedoch mit Universitätsstudenten im ersten Semester an der North Carolina University. Auf den direkten Vergleich bin ich gespannt.

Anmerkungen: Sobald ich von den Schulen die offiziellen Fotos bekomme werde ich sie hier veröffentlichen.

“I never knew Country could hurt so good!”

Der Süden ist anders. Das weiss man, zumindest vom Hörensagen. Doch wie unterscheidet er sich wirklich von New York? Es sind viele Kleinigkeiten. Auf der einen Seite mehr warmes Wetter, mehr Platz, mehr breite Straßen, mehr Pickups, mehr Natur, mehr Dialekt, mehr Republikaner, mehr Religiosität, mehr Fast Food, mehr Sweet Tea, mehr Barbeque und mehr Country-Musik. Und auf der anderen weniger Stress, weniger Wetterchaos, weniger Vielfalt, weniger Toleranz und weniger Multikulturellität. Natürlich sind das Pauschalisierungen, aber im Großen und Ganzen habe ich gelernt, dass in den meisten Stereotypen auch etwas Wahrheit steckt. Generell muss ich sagen, dass der Nordosten (d.h. Boston, New York, Washington) wirklich nur “USA Light” ist. Hier in North Carolina ist das Leben doch anders. Jedoch sind nicht alle Unterschiede offensichtlich. Eine dieser unerwarteten Auffälligkeiten habe ich gestern erlebt. Der Plan war: Clubben gehen.

Wer mich kennt weiss, dass ich kein Partygänger bin. Ich hasse es bis morgens um fünf auf zu sein, Geld für überteuerte Getränke auszugeben nach denen ich mich am nächsten Tag schrecklich fühle, mir schmerzhaft laute Musik anzutun, in einem dunklen Raum voller fremder Leute mir die Füße plattzustehen, zu Schwitzen wie ein Schwein und auf der Tanzfläche abzuzappeln. Ich sitze lieber mit einem kühlen Bier und entspannter Hintergrundmusik mit einer Handvoll guter Freunde zuhause beisammen. Aber gelegentlich muss man auch mal ausgehen. Gelegentlich muss man was verrücktes machen, die Nacht Tag sein lassen und mehr Trinken als sonst. Vorallem wenn man in einer neuen Umgebung ist. Gestern war so ein Abend.

Die Grundregeln sind die Gleichen: Zuhause vorglühen, Stimmung machen und dann spät Abends los in den Club. Der Inhalt ist aber anders. Die Location war ein Saloon, der “City Limits Saloon” um genau zu sein. Viel Holz, rustikale Deko und ein mechanischer Bulle setzten die richtige Stimmung. Viele Männer trugen Cowboy-Stiefel und karierte Hemden. Die Frauen kamen in erdfarbenen Kleidern und trugen oftmals dieselben Stiefel. Aber die größte Überraschung war die Musik. Keine Charts- und Clubtracks sondern durchgehend Country-Titel, wenn auch gelegentlich mit verstärktem Bass. Und dazu wurde entsprechend getanzt. Two Step, Shag, Boogie und Polka. Zwar sehr einfache Schrittfolgen, aber dennoch komplett anders als gewohnt. Es hat einfach Spaß gemacht sich in so einer Umgebung gehenzulassen und mitzusingen. Klar, die stickige Luft, das wässerige Bier und die Lautstärke der Musik waren gleich, aber es herrschte eine ganz andere Atmosphäre. Und wie das Schild über der Bar richtig feststellte: “You never thought Country could hurt so good!”

Schild über der Bar im City Limits Saloon
Schild über der Bar im City Limits Saloon

Und hier sind zwei der geläufigeren Titel die gestern liefen.

Mumford & Sons – I Will Wait

Florida Georgia Line – Cruise