An Weihnachten einmal um die Welt

Wie jedes Jahr flog ich über Weihnachten für zwei Wochen nach Deutschland. Doch dieses Mal ging es noch weiter. Und zwar anschließend nach New York, und von dort aus erst wieder nach Singapur zurück. Also 13 Stunden nach Frankfurt, 8 Stunden nach New York und dann 24 Stunden über Tokyo zurück nach Singapur. Einmal um die Welt.

32.700km...
32.700km…

Doch das war es mir wert. In Deutschland hatte ich eine klasse Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden und in New York dann mit meiner Freundin. Die Wetter in Deutschland war zwar ungewöhnlich mild (ca. 10°C), aber doch fror ich sehr. Der Körper passt sich eben schnell an das lokale Klima an. Doch kaum hatte ich mich an die 10°C gewöhnt, musste ich den Prozess mit -20°C in New York wiederholen. Aber dazu gleich mehr.

Erstmal zurück in Deutschland gab es gewohnt leckeres Gebäck und Mahlzeiten von Mama. Die deutsche Küche vermisse ich in Singapur noch mehr als in den Staaten. Denn dort bekam man zwar kein gescheites Brot, aber wenigstens mit Leichtigkeit guten Käse und Wurst. Milchprodukte gibt es in Asien allerdings kaum. Sogar die Milch wird aus Australien eingeflogen und schmeckt auch entsprechend. Also schmeckte das Essen zuhause gleich doppelt so gut. Das „i“-Tüpfelchen war dann ein Gläschen Pfälzer Wein und  das gelegentliche deutsche Bier. Ein Traum!

Selten war ich so entspannt wie während diesem Weihnachtsurlaub. Mein erster richtiger Urlaub in 2013, denn obwohl ich im August ja schon in Deutschland war, war ich da Mitten im Umzug. Ich konnte also nun entspannt auf der Couch liegen, mal wieder Klavier spielen, viel Zeit mit der Familie verbringen und gute Freunde wiedersehen.

Nach Silvester ging es dann weiter nach New York, wo ich nochmal zehn Tage mit meiner Freundin verbringen konnte bevor es wieder zurückging. Ich musste zwar an einigen Tagen arbeiten, hatte jedoch genug Flexibilität, um einen „Kurzurlaub im Urlaub“ zu machen. Und zwar nach Newport, einer bildschönen Küstenstadt im Staat Rhode Island, zwischen New York und Boston. Mit dem Auto waren wir in fünf Stunden da und kuschelten uns in unser Hotelzimmer. Draußen war es nämlich so kalt, dass wir beide trotz höchster Wärmestufe im Auto froren. Die nächsten Tage verbrachten wir dann damit die Gegend zu erkunden, was trotz Kälte ganz gut funktionierte.

Im 19. Jahrhundert wurde die Stadt als Sommerresidenz des amerikanischen Geldadels populär. Bekannt ist vor allem das „Cottage“ vom Eisenbahntycoon Cornelius Vanderbilt. Ein riesiges Schloss mit viel Prunk und Goldverzierung, direkt am Meer. Interessant zu sehen wie der Adel damals den Sommer verbrachte.

An einem der Urlaubstage fuhren wir 30 Minuten nördlich in die Hauptstadt des Staates, Providence. Dort befindet sich die renommierte Brown University, eine der acht elitären „Ivy League“ Universitäten, denen auch Harvard, Princeton und Yale angehören. Der Campus war wie erwartet architektonisch beeindruckend. Anschließend wärmten wir uns bei einem leckeren Mittagessen mit Blick auf den Providence River auf. Zudem wartete dort eine weitere Überraschung auf mich! Und zwar hatte Mandy heimlich meine beiden besten Freunde Ömercan und Darryl eingeladen, die mittlerweile im 60 Minuten entfernten Boston wohnen. Diese erschienen dann auf einmal vor mir und ich war total sprachlos. Die beiden hatte ich seit knapp zwei Jahren nicht mehr gesehen. So verbrachten wir zu viert einen schönen Nachmittag in Providence, mit vielen lustigen Geschichten aus dem Studium.

Am nächsten Tag ging es dann schon wieder zurück nach New Jersey und von dort aus am nächsten Morgen an den Flughafen. Dann begann die knapp 26-stündige Odyssee zurück nach Singapur. Glücklicherweise lief alles glatt und ich musste nirgends am Flughafen übernachten. Dennoch war die Reise so anstrengend, dass ich sie auf keinen Fall oft wiederholen möchte. Man kann eben nur so lange in einem Flugzeugsitz sitzen. Allerdings war das zweite Flugsegment von Tokyo nach Singapur recht interessant, da die japanische Airline ANA den Boeing 787 Dreamliner einsetzte. Hochmodern, sehr leise und erstaunlich geräumig. Das lässt den Airbus A380-800 dann doch alt aussehen. Allerdings liegt das vielleicht an der Bestuhlung der Lufthansa, die wohl mit Sardinen getestet wurde…

Nach Abreise an einem Montagmorgen in Newark kam ich an einem Mittwochmorgen um 2 Uhr total erschöpft am Singapore Changi Flughafen an. Ich wollte nur in mein Bett, doch dies blieb mir verwehrt. Denn als ich zuhause ankam hatte ich keinen Strom in der Wohnung. Und der Strom war wohl schon länger weg, denn es stank schon an der Haustür nach Verwesung und Schimmel… Ich traute mich kaum den Kühlschrank und die Tiefkühltruhe aufzumachen, doch ich tat es trotzdem, um (fast lebendige und) kaum identifizierbare Schweineschnitzel und Eiscreme schnell zu entsorgen. Dann holte ich den Sicherheitsdienst der den Hauptsicherungskasten aufschließen und die Hauptsicherung wieder reindrücke konnte, wonach zum Glück wieder alles anging. Ich holte dann die Deodose, sprühte einmal lang in Kühlschrank und Tiefkühltruhe, lüftete kräftig durch und ließ mich erschöpft ins Bett fallen.

Taipeh, Taiwan (台北,台灣)

Von Hong Kong nach Taipeh sind es mit dem Flugzeug nur knapp 1,5 Stunden, ein Katzensprung im Vergleich zu den anderen Strecken innerhalb Asiens, denn z.B. von Singapur nach Shanghai sind es über fünf Stunden, nach Tokyo oder Sydney sogar knapp acht.


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Es lief auch alles glatt und so war ich schon am späten Vormittag in Taipeh, der größten Stadt auf der Insel Taiwans, welche wiederum 99% der Republik Chinas ausmacht. Die demokratische Republik beherrschte bis 1949 statt der Insel fast das gesamte Festland-China, bis deren Anhänger durch die Niederlage gegen die kommunistische Volksrepublik China im Chinesen Bürgerkrieg aus dem Land vertrieben wurden. Die Insel Taiwan war lange Zeit eine japanische Kolonie, bis zu deren vollständigen Kapitulation mit dem Ende des zweiten Weltkrieges, als die Anhänger der Republik Chinas die Insel besetzten. Der Status Taiwans als selbstständiger Staat wird – im Gegensatz zur Weltgemeinschaft – von der Volksrepublik Chinas bis zum heutigen Tage nicht anerkannt.

Seit den 80er Jahren läuft allerdings ein langsamer Prozess der Annährung, der vor allem auf wirtschaftlichen Interessen basiert, denn zahlreiche Tech-Giganten stammen aus Taiwan, u.a. ASUS, Foxconn, und Taiwan Semiconducter, der nach Intel und Samsung der weltweit drittgrößte Halbleiterhersteller ist. Taiwan ist neben Südkorea und Japan in vielerlei Hinsichten das „Silicon Valley“ Asiens.

Taipeh (2,7 Millionen Einwohner) ist die Hauptstadt der Volksrepublik Chinas (23 Millionen Einwohner) und liegt im nördlichen Teil der Insel Taiwans. Die Landessprachen sind Mandarin Chinesisch und dessen Dialekt Taiwanesisch.  Die Stadt an sich empfand ich als überraschend „chinesisch“, im Vergleich zu Hong Kong oder Singapur wo man auch problemlos mit Englisch klarkommt. In Taipeh hingegen sah man nicht immer englische Schilder und konnte auch nicht davon ausgehen, dass der Taxifahrer oder das Restaurantpersonal Englisch verstand. So musste ich öfters (und meist vergeblich) meine paar Fetzen Chinesisch anwenden. Doch genau das machte meine Erfahrung authentisch.

Ich hatte zweierlei Anlässe für meine Geschäftsreise nach Taipeh: Einige Wochen zuvor hatte ich eine neue Stelle in meiner Firma angetreten. Diese hatte ich von einer in Taipeh ansässigen Kollegin übernommen und nun sollte die Übergabe stattfinden. Zudem fand im Zeitraum meines Aufenthalts eine Konferenz statt, an der ich teilnehmen sollte. Diese beiden Gründe nahm ich zum Anlass auch noch ein paar Tage zum Sightseeing dranzuhängen.

Leider war das Wetter während meines gesamten Aufenthalts eher bescheiden, mit viel Regen und Nebel. Doch dennoch machte ich das Beste daraus. Ich konnte viele Leute kennenlernen und viele Sehenswürdigkeiten bewundern. Vor allem aber hatte ich die Gelegenheit viel zu essen! Das Land ist nämlich für ihre Küche bekannt. So brachten mich meine (übertrieben freundlichen) Gastgeber pro Abend gleich zu mehreren Lokalen. Genau kann ich nicht wiedergeben was ich gegessen habe, da viele Gerichte (und auch Restaurants) keine englischen Namen haben. Doch alles war identifizierbar und appetitlich (im Vergleich zu vielen anderen chinesischen Gerichten), vor allem aber sehr lecker! Was mich besonders freute war die Besessenheit der Taiwanesen mit Süßigkeiten und Nachspeisen. So war sichergestellt, dass mein Magen während der gesamten Woche durchgängig gefüllt war.

Neben meinen geschäftlichen Verpflichtungen und abendlichen Restauranttouren hatte ich die Gelegenheit mich mit zwei Kommilitonen zu treffen, mit denen ich zusammen an der Rutgers University studiert hatte. Sie stammen beide ursprünglich aus Taipeh und es war schön von ein paar bekannten Gesichtern durch die Stadt geführt zu werden. So hatte ich u.a. die Gelegenheit die Stadt vom 86. Stock des „Taipei 101“ aus zu bewundern, das National Palace Museum zu besichtigen, den Longshan Tempel zu besuchen, beim Huaxi Night Market vorbeizuschauen und an der lokalen Firmenweihnachtsfeier teilzunehmen.

Insgesamt hat mir das Land sehr gut gefallen. Erst in Ländern wie Vietnam oder Taiwan fällt einem auf wie westlich Europa (aber auch Singapur) eigentlich ist und was für ein komplett anderes Ökosystem in diesen Ländern existiert. Es ist faszinierend zu sehen wie die Leute in asiatischen Ländern ihr tägliches Leben beschreiten, größtenteils abgeschottet von den Geschehnissen in Amerika und Europa. Ein ganz anderes Leben das sich vor dem unseren nicht verstecken muss, uns aber vor allem auf Grund der Sprachbarriere größtenteils versperrt bleibt. Ich hoffe auch weiterhin in den nächsten anderthalb Jahren zumindest an der Oberfläche dieser Fülle an kulturellen Eindrücken kratzen zu können.