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Fulbright und Praktikum

Endlich ist meine Sommerplanung in der Endphase. Nach zahlreichen Absagen und noch mehr Bewerbungen ohne Reaktion ist nun klar: Ich verbringe den Sommer in Deutschland. Ich hatte vor einem Monat ein vielversprechendes Interview für eine Logistik-Stelle bei Johnson & Johnson in New Jersey, welche wirklich eine Herausforderung gewesen wäre und sicherlich viel Spaß gemacht hätte. Ich konnte mich zwar als bester Bewerber der Rutgers Business School etablieren, wurde jedoch letztendlich von einem Bewerber mit direktem Logistikhintergrund einer anderen Uni geschlagen. Schade, aber der US-Praktikumsmarkt ist eben hart umkämpft. Ich habe allerdings einige Wochen zuvor schon ein Angebot von einer der “Big Four” Wirtschaftsprüfungsgesellschaften für den Consulting-Bereich erhalten. (Den Namen der Firma gibt nur im persönlichen Gspräch mit mir. ;-)) Auf jeden Fall ist das ist eine super Stelle in Düsseldorf und ich freue mich drauf. Es ist zwar nicht in den USA, es bietet jedoch möglicherweise eine Karriereweg für nach meinem Studienabschluss nächsten Mai. Ich habe noch keine genauen Arbeitszeiten, aber es sieht momentan wohl so aus als ob ich ab Ende Mai / Anfang Juni in Deutschland bin. Und dort bleibe ich dann auch bis Mitte / Ende August, sodass ich pünktlich zum Studienbeginn am 1. September wieder in den Staaten bin.

Bezüglich Studium gibt es ebenfalls Neuigkeiten: Die Fulbright Kommission hat meinen Antrag auf Stipendienverlängerung genehmigt, sodass ich mich nun auch für das zweite Jahr Fulbright-Stipendiat nennen kann! Dies entspannt die finanzielle Situation ziemlich, denn ein Studium in den Staaten lässt sich meist ohne Kredit nicht bewältigen.

Ich kann mich allen in allem also sehr glücklich schätzen. Ich habe eine Praktikum und die Finanzierung für das zweite Jahr ist gesichert. Und jetzt freue ich mich erstmal auf alle meine Freunde in Deutschland! Ich hoffe ich kann noch etwas Zeit in Bad Dürkheim verbringen und schaffe es das eine oder andere Wochenende auch mal nach Dortmund und Iserlohn zu fahren. Ihr lest hier in ein paar Wochen wann genau ich wieder da bin.

Praktikumssuche in den USA

Ich möchte euch etwas Einsicht in das amerikanische Arbeitssystem geben, speziell was Praktika angeht. Die folgende Punkte sind mir vorallem im Vergleich zu Deutschland aufgefallen:

  1. Praktika sind in den USA fast immer feste Stellen mit Jobbeschreibung, festem Zeitrahmen und konkreten Aufgabenstellungen. Jede große Firma hat eine eigene Webseite mit Angeboten für MBA-Studenten. Blindbewerbungen sind unüblich und werden in 99% der Fälle abgelehnt.
  2. Es handelt sich im Prinzip um “Festanstellung auf Probe”. Die Stellenbezeichnung ist in der Regel mit der Festanstellung identisch außer, dass das Wort “Summer” vorgeschoben wird. So werden bei den Beratungen aus “Associates” für Praktika “Summer Associates”.
  3. Die Praktika finden fast ausschließlich im Sommer in der vorlesungsfreien Zeit zwischen Juni und September statt.
  4. Es wird zwischen “Undergraduate”- und “Graduate”-Praktika unterschieden. Letztere – vor allem aber MBA Praktika – sind deutlich exklusiver, arbeitsintensiver und bringen mehr Verantwortung mit sich. Es geht um konkrete Problemstellungen und es wird die Erarbeitung spezifischer Empfehlungen erwartet. Die Projekte enden fast immer mit einer Präsentation an den Vorstand, auch bei Großkonzernen. Die Bezahlung ist daher auch entsprechend hoheitlich. Stundenlöhne zwischen 30 und 50 Dollar (22-36 Euro) sind üblich. Das macht bei einer 40h-Woche bis zu $8.000 im Monat. Holla!
  5. Der Bewerbungsprozess ist lang und Stellen sind heiß umkämpft. Über 100 Bewerber auf eine Stelle sind keine Seltenheit. Entsprechend wird durch mindestens 2 Interviewtage (mit jeweils 2-6 Interviews) ausgesiebt.
  6. MBA-Praktika enden fast immer in einer Festanstellung. In der Regel streckt der Vorstand nach der Projektpräsentation den Daumen hoch oder runter. Daher auch der pedantische Selektionsprozess.
  7. Punkt #6 ist leider auch Grund für die Tatsache, dass internationale Studenten in der Regel in die Röhre schauen. 99% aller Ausschreibungen enden mit dem Satz: “U.S. Citizen, U.S. National or Permanent U.S. Residents Only”! Das liegt daran, dass ich nach Abschluss meines Studiums nach Deutschland zurückkehren muss. Ich darf jedoch ganz legal ein (bis zu) einjähriges, bezahltes Praktikum absolvieren.
  8. Die “gleichberechtigende” Variante ist auf der Bewerbungsseite eine der beiden Fragen beantworten zu müssen: “Are you – now and at any time in the future – legally authorized to work in the United States?” oder “Will you now or in the future require us to file a petition or application for employment-based visa status on your behalf to begin or continue employment with our company?”. Ich habe das Gefühl, dass sobald man “Yes” anklickt die Bewerbung automatisch in den Papierkorb weitergeleitet wird.
  9. Das heisst: Trotzdem bewerben (da es keine Alternativen gibt) und hoffen, dass sie einen trotzdem haben wollen. Bisher ging diese Strategie aber nicht auf.
  10. Das bringt mich auf den nächsten Punkt: Ablehnungsschreiben werden als unwichtig eingestuft. In der Regel ist “keine Antwort” ein “Nein”. Dazu kommt, dass die inoffizielle “nach 2 Wochen kann ich nachfragen”-First in den Staaten nicht existiert und Großkonzerne dafür bekannt sind erst Wochen oder Monate später (wenn überhaupt) zu reagieren. Ich habe Ende Januar 15 Bewerbungen abgeschickt. Bis heute habe ich nur vier Reaktionen (alles Absagen) erhalten.

Wie ihr vielleicht raushören könnt frustet die Praktikumssuche mich hier sehr. In Deutschland wäre ich mit fünf absolvierten Praktika ein interessanter Kandiat. Hier werde ich nicht mal zum Interview geladen. Sogar die “Ich bin Fulbright-Stipendiat”-Nummer zieht nicht. Ich habe das Gefühl ich könnte genauso gut nackt mit einem Schild “Hire Me!” vor dem Firmensitz rumrennen und würde immer noch keine Reaktion bekommen… Aus genannten Gründen bewerbe ich mich parallel auch in Deutschland auf Praktikumsstellen. (Und das mit wesentlich mehr Erfolg!) Ich halte auch auf dem Laufenden.

Meine USA-Gesamtbilanz aus Anfragen bei 35 Unternehmen:

  • 9x “Wir stellen (momentan) keine Praktikanten ein”,
  • 7x “Wir stellen keine internationale Studenten ein”,
  • 15x Bewerbungen,
  • 2x Absagen,
  • 1x “Die Stelle ist schon besetzt worden. Aber melden Sie sich nach Studienabschluss nochmal”,
  • 1x Telefoninterview mit anschließender Absage,
  • 16x keine Reaktion.